
Als Frau? Ganz alleine? In Afrika? Hast du keine Angst? Das waren die üblichen Fragen – und wahrscheinlich kennt sie jede Frau, die alleine verreist. Dabei ist das Soloreisen eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Und deshalb nehme ich mir auch immer wieder Zeit genau dafür. Trotz funktionierender Beziehung, trotz Freundeskreis und Bekannten mit gleichen Interessen.
Alleine zu verreisen, heißt sich selbst kennenzulernen. Grenzen zu erkennen und zu überwinden, Selbstvertrauen zu haben, weil man sich selbst vertrauen muss. Es bedeutet
Freiheit, Spontanität, Lebenslust und manchmal auch Angst.
Ich war 14, als ich zum ersten Mal alleine verreist bin. Nicht komplett alleine, aber ich fuhr zu einem Workshop nach Schwerin. Mit dem Zug hin, alleine, einmal quer durch Deutschland. Dort traf ich 500 andere junge Menschen. Wir übernachteten in Turnhallen, lernten über Journalismus und quatschten die Abende und Nächte durch.
Ich war es gewohnt, alleine klar zu kommen. Mich nach Wegen zu erkundigen, Leute anzusprechen und selbstbewusst aufzutreten. Ich habe früh gelernt, mich auf mich und meine Menschenkenntnis zu verlassen, ich habe viele nette Menschen getroffen, die mir geholfen haben, die mir Dinge gezeigt haben, die mir Tipps gegeben haben.
Dass junge Frauen ein Jahr ins Ausland gehen, ist nicht ungewöhnlich. Sie sind Aupair oder Austauschschülerin, sie machen Work und Travel oder reisen ein wenig. Und immer wieder kommt die Frage: Alleine?
Ich bin schon häufig alleine in Urlaub gefahren. Im Studium habe ich einen dreiwöchigen Roadtrip von Kopenhagen nach Passau gemacht, in meinem Auto, mit mir allein und guter Musik. Unterwegs habe ich Freunde besucht. Ich war couchsurfen in Dänemark und bin für Praktika nach München, Mainz und Flensburg gezogen. Ich habe als Kindermädchen in Schweden gearbeitet und bin später alleine nach Nordschweden und Norwegen in Urlaub gefahren. Zuletzt war ich drei Monate in Kenia und bin anderthalb Monate durchs südliche Afrika gereist.
Bei jedem Trip habe ich mich besser kennengelernt. Ich habe neue Fähigkeiten an mir entdeckt. Ich habe gesehen, dass ich spontan sein kann. Ich habe mich in Ländern zurecht gefunden, wo ich die Sprache konnte und in welchen, in denen ich die Sprache nicht konnte. Ich hatte dieses Gefühl, dass ich alles schaffen kann. Weil ich aus jeder brenzligen Situation, in die ich mich gebracht hatte, auch alleine herauskam. Etwa als ich auf einen Berg stieg und oben ein Gewitter aufzog. Oder als ich in den falschen Bus stieg und im Nirgendwo landete.
Aber nicht nur mich selbst habe ich neu kennengelernt, es ist auch eine ganz andere Art des Reisens. Im Urlaub mit meinem Freund touren wir meist mit dem Mietwagen durch ein Land, schlafen in Hotels oder Lodges und machen Ausflüge. Wir kommen mit Einheimischen ins Gespräch, aber es ist doch auch ein gewisser Luxus.
Bin ich alleine unterwegs, passe ich mich viel mehr an. Ich fahre mit kleinen Minibussen, in denen 25 Leuten auf 14 Sitzen sitzen, und Motorradtaxis, die fast auseinander fallen. Ich mache Courchsurfing und lasse mich von Einheimischen zum Essen entführen. Ich esse Dinge, von denen ich nicht weiß, was es ist und steige bei fremden Menschen ins Auto, weil es keine Alternative gibt. Gerade auf meiner Afrika-Reise habe ich mich oft in den Bus gesetzt, bin losgefahren und da ich nicht wusste, ob ich abends ankam, hatte ich auch kein Zimmer. Im Bus fand sich aber immer jemand, der jemanden kennt, der ein Zimmer frei hatte.
Als weiße Frau habe ich gerade in Afrika oft die Erfahrung gemacht, dass alle auf einen aufpassen. Der Minibus hielt, bis ich durchs Hoftor war, als ich im Dunklen nach Hause kam. Immer wieder wurde ich von Frauen wie Männern angesprochen mit der Frage, ob sie mir helfen können. Sie haben mir günstigere Busverbindungen gesucht, haben mit Fahrern über Preise verhandelt und mir immer das Gefühl gegeben, sicher zu sein. Als ein Busfahrer mich einst betrog, in dem er vorgab, in meine Stadt zu fahren, dann aber nur an der Autobahn hielt, habe ich im Bus laut zu ihm gesagt, dass er mir dreimal versichert habe, in die Stadt reinzufahren. Mehrere Businsassen standen auf und sagten ihm, dass er mich nun nicht einfach hier rauswerfen könne. Er bezahlte mir letztendlich ein Moped-Taxi ins Zentrum.
Natürlich habe ich niemanden direkt, mit dem ich meine Erlebnisse teilen kann. Aber muss man das? Ist es nicht manchmal gut, erst einmal alles sacken zu lassen? Ist es nicht besser, erst einmal über alles nachzudenken, sich an den kleinen Dingen zu erfreuen und sie wirken zu lassen? Und wenn ich mich wirklich austauschen will, so lerne ich überall Menschen kennen: Auf Touren, im Bus, beim Wandern, im Hostel – eigentlich überall.
Oft haben genau jene Angst vor dem Alleine reisen, die auch sonst nicht viel reisen. Oder die sich nie mit exotischen Zielen auseinander gesetzt haben. Sie reden immer von Gewalt. Vor allem gegen Frauen. Sie reden von Überfällen, Vergewaltigungen, Terror.
Aber ist es nicht so, dass keiner diese Fragen stellen würde, diese Ängste formulieren würde, wenn ich in Frankfurt alleine von der Arbeit nach Hause radle? Wenn ich nachts von der Disco komme und von der Bahnstation nach Hause laufe?
Es gibt Gebiete, die für mich ein No-Go sind, weil es ne hohe Kriminalität gibt. Und es gibt Gebiete, in die ich nicht im Dunklen oder nur in Begleitung von Locals gehe. Wenn man mit etwas Menschenverstand, mit Vorsicht und Respekt reist, kann man viele Gefahrensituationen meiden. Natürlich kann es passieren. Aber es kann überall etwas passieren. Und es kann auch mit Begleitung etwas passieren. Von diesen Vielleicht-passiert-etwas-Ängsten aber lasse ich mich nicht leiten. Meine Neugierde ist dafür viel zu groß.
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Nancy (Freitag, 16 März 2018 16:07)
Cooler Artikel! Kann ich total nachvollziehen. Auch wenn ich ein bisschen später dran bin. Bin nämlich erst mit 18 das erste mal im Ausland gewesen. Naja dafür ziehe ich heute alle 2-3 Jahre in eine andere Stadt. Liebe Grüße und weiter so!!
Pavla (Donnerstag, 06 September 2018 17:47)
Ich sehe das genauso, ich denke vor jeder Reise, es wird iwie klappen und es klappt. Versuche mich aber immer gut zu informieren. Super Seite von dir und danke für die zahlreichen Infos
Kerstin (Mittwoch, 08 Mai 2019 22:13)
Ich bin nun 34 Jahre und habe eine ganze Weile gebraucht den Mut zu fassen “so richtig“ alleine zu reisen und nun möchte ich gar nicht mehr anders verreisen!
Ich war gerade 4 Wochen alleine in Gambia und bin durchs ganze Land mit dem Rucksack efahren,es ist als ob das Universum alles für einen geplant hätte! Unzählige Möglichkeiten und Dinge tun sich auf,wenn man alleine ist,ich finde das schon richtig faszinierend! Alles ergibt sich immer irgendwie,finde es einfach nur genial :-)